
Sexualität ist ein Thema, über das in unserer Gesellschaft mit großer moralischer Aufladung diskutiert wird. Besonders deutlich wird das, wenn man sich die politischen Diskurse rund um Gender, sexuelle Aufklärung und Pornografie anschaut. Dabei fällt eine Partei immer wieder auf: die AfD. Sie inszeniert sich gern als Hüterin konservativer Werte, und macht daraus ein ideologisches Schlachtfeld.
Doch warum beschäftigt sich eine Partei so auffällig häufig mit Pornos, Geschlechtsidentitäten und Sexualaufklärung? Die Historikerin Daniela Rüther ist dieser Frage in ihrem Buch „Die Sexbesessenheit der AfD – Rechte im Genderwahn“ nachgegangen – und kommt zu einem klaren Urteil.
„Ist die AfD sexbesessen? Es sieht so aus!“, schreibt Rüther. „Unablässig trägt die rechtsautoritäre Partei die Themen Sexualität und Geschlechtlichkeit in die Parlamente und in die Öffentlichkeit.“
Die AfD scheint regelrecht davon besessen zu sein, gegen alles zu kämpfen, was nicht in ihr starres Weltbild von Geschlechterrollen und Sexualmoral passt. „Genderwahn“ ist dabei ein rechter Kampfbegriff, mit dem Stimmung gegen alle gemacht werden soll, die von einer angeblichen Norm abweichen: dieser Hass trifft homosexuelle Menschen, trans Personen und Menschen die sich für mehr sexuellen Aufklärung einsetzen. Rüther ordnet das gesellschaftliche Klima so ein: „Dass es im Kern um die Gleichstellung der Geschlechter geht, ist offensichtlich kaum noch jemandem klar, der oder die sich über Themen rund um Gender erregt. Noch weniger gelangt in die Öffentlichkeit, dass die AfD in den Parlamenten fortwährend die Thematik befeuert“
Diese Strategie traf 2023 auch „Porn Better“ – ein Projekt, das sich um Aufklärung, Reflexion und ein gesellschaftliches Gespräch über Konsumgewohnheiten, Körperbilder und Sexualität im digitalen Zeitalter dreht.
Doch genau das war der AfD-Fraktion in Sachsen ein Dorn im Auge. Der Skandal: die Tatsache, dass die Gründer*innen von 2022 bis 2023 mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden. Auf Grundlage einer kleinen Anfrage im Sächsischen Landtag – einem parlamentarischen Mittel zur Informationsgewinnung – deckte die AfD die Förderung auf und inszenierte daraufhin auf Social Media einen empörten Shitstorm.
Auffällig dabei: Weniger der Inhalt scheint sie zu stören, sondern vielmehr die Infragestellung ihrer eigenen, teils klischeehaften Porno-Sehgewohnheiten. Die Angst vor „woken Pornos“, die gängige Macht- und Geschlechterbilder hinterfragen oder bewusst vielfältige Perspektiven einnehmen, steht hier offenbar im Mittelpunkt. Wer über Pornos nachdenkt, sie reflektiert oder kritisch-kreativ aufarbeitet, wird in diesem Weltbild zur Bedrohung.
Was wie eine Einzelaktion klingt, ist in Teil eines größeren Musters: Die AfD nutzt Anfragen im Parlament nicht vorrangig zur politischen Information, sondern zur gezielten Stimmungsmache. Die AFD Abgeordneten Martina Jost erkundigte sich zum Beispiel auch über das „Queere Netzwerk Sachsen e.V.“, die „Förderung des CSD Chemnitz e.V.“ und zur „Anzahl der Personen des dritten Geschlechts“ in Sachsen. Die Strategie dahinter ist klar: Wer ständig „nachfragt“, kann auf Social Media Skandale konstruieren, Aufmerksamkeit erzeugen – und dabei Druck auf die Verwaltung und einzelne Initiativen ausüben.

Für kleine Vereine, Beratungsstellen oder Einzelpersonen kann diese Art der politischen Beobachtung eine echte Belastung darstellen. Es geht nicht nur um Bürokratie – sondern um ein Gefühl der Bedrohung. Wenn ein als gesichert rechtsextremistisch eingestufter Landesverband öffentlich signalisiert: „Wir haben euch auf dem Schirm“, dann wirkt das einschüchternd.
Dabei ist die Auseinandersetzung mit Sexualität, Körper und Lust essenziell – gerade in einer digitalen Welt, in der viele Menschen oft mit Pornografie in Kontakt kommen. Projekte wie Porn Better oder sexualpädagogische Bildungsangebote öffnen Räume für Dialog, vermitteln Wissen und fördern eine respektvolle, informierte Haltung zu Sexualität.
Was wir aktuell erleben, ist ein Angriff auf eine sexpositive Gesellschaft – auf eine Welt, in der Vielfalt, Lust, Aufklärung und Respekt nebeneinander existieren dürfen. Die AfD steht für ein rückwärtsgewandtes Bild von Sexualität: Dem müssen wir uns entgegenstellen – mit Wissen, Aufklärung und Solidarität. Und dieser Kampf beginnt dort, wo rechte Ideologen ein „Tabu“ vermuten: bei Pornos, bei Fragen von Gender und Geschlecht und bei echter Vielfalt in der Gesellschaft.