WAS IST FEMINISTISCHER PORNO?
Die Begriffe „ethischer Porno“ und „feministischer Porno“ werden heute oft verwendet, um eine Abgrenzung zum Porno-„Mainstream“ und einer Pornoästhetik zu schaffen, wie man sie z. B. von den großen Tube-Seiten kennt. Der Begriff beschreibt aber eine politische Vorstellung davon, was Pornos sein können und ist kein neues Phänomen, er existiert bereits mindestens seit den 1980er Jahren.
Zunächst stellt sich die Frage, was feministischer Porno überhaupt ist. Während ethischer Porno in erster Linie beschreibt, wie ein Film produziert wird, geht es bei feministischem Porno darum, wer daran beteiligt ist und was wie gezeigt wird. Die Regisseur*innen sind feministische FLINTA*-Personen, die Produktion ist meist unabhängig und eher für einen Nischenmarkt bestimmt. Ethische Produktionsbedingungen und die Lust der Darsteller*innen, unabhängig vom Male Gaze (Pornos gedreht von und für hetero cis Männer), stehen im Vordergrund. Wichtig sind Konsens, sichere Arbeitsbedingungen und Darsteller*innen, die nicht nur ein bestimmtes Schönheitsideal bedienen. Oft sind die Menschen hinter und/oder vor der Kamera queer und es wird Wert darauf gelegt, dass die Perspektiven von PoC, trans und nicht-binären Menschen gezeigt werden, dass es keine rassistischen, fetischisierenden und ableistischen Kategorien oder Inhalte gibt.
Die gesellschaftlich vorherrschende Vorstellung, dass feministische Pornos „Frauen“pornos sind, eher soft und mit mehr Handlung als Pornos „für Männer“, ist definitiv falsch und hat eher mit Klischeevorstellungen zu tun, die festlegen, welche Art von Sex „Frauen“ angeblich gefällt. Frei ausgelebte Sexualität abseits von heteronormativen Normen wird in feministischen Pornos zelebriert. Sie können soft sein, rough oder kinky. Alle Genres sind vertreten.
Eine der größten (vermeintlich) kostenlosen Tube-Seiten ist Pornhub mit 42 Milliarden Besuchen und 6,83 Millionen Video-Uploads (Pornhub, 2019) im Jahr. Hinzu kommen unzählige andere Tube- und Fanseiten. Mit der Fülle des Angebots steigt auch der Druck auf die Produzent*innen, überhaupt gefunden zu werden. Kleine, unabhängige Studios produzieren für eine Nische und können sich so auf Inhalte konzentrieren, die sie unbedingt zeigen wollen. Aspekte, die in vielen Mainstream-Filmen nicht gezeigt werden, sind hier ganz selbstverständlich zu sehen. Zum Beispiel Gespräche über Konsens und Grenzen, das Fragen nach Pausen, ein nicht erigierter Penis und viel Gleitgel. Feministische Pornos wollen Grenzen verschieben und Lust anders und für alle Menschen zeigen. Gleichzeitig sind die Budgets hier kleiner, was z. B. zu niedrigeren Gagen für Darstellende führen kann als in „Mainstream“-Produktionen.
Im Bild von links: Jiz Lee, CineKink Regisseurin Lisa Vandever, Tristan Taormino, Candida Royalle, und Nenna Joiner ©Wiki Commons
Tristan Taormino, eine bekannte feministische Regisseurin und Mitherausgeberin des „Feminist Porn Book“, definiert feministische Pornografie als die “Gleichstellung der Geschlechter und soziale Gerechtigkeit. Feministischer Porno ist ethisch produzierter Porno, was bedeutet, dass die Darsteller*innen einen fairen Lohn erhalten und mit Achtsamkeit und Respekt behandelt werden; Konsens, ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen sind entscheidend, und was sie in die Produktion einbringen, wird wertgeschätzt. Feministische Pornos erforschen Ideen über Begehren, Schönheit, Vergnügen und Macht durch alternative Darstellungen, Ästhetik und Filmstile. Feministische Pornos wollen die Darsteller*innen und die Zuschauer*innen empowern.” (Breslaw, 2013).
Feministischer Porno fordert vorherrschende Vorstellungen von Sexualität subversiv heraus und bietet eine Perspektive, die traditionelle Machtstrukturen und stereotype Geschlechterrollen in Frage stellt. Geschlechtergerechtigkeit und Anerkennung sexueller Vielfalt, Aufklärung und Empowerment, Repräsentation und Abbau von Stigmatisierung von Porno und Sexarbeit sind Anliegen dieses Mediums, über das wir alle noch so viel lernen können.